Die Sage vom Huvenhoop

(aus dem Stader Jahrbuch 1963)

Mitten in der Heide, die sich zwischen Ochtenhausen und Granstedt nach den Ostemooren senkt, liegt der Huvenhoopssee. Vor vielen hundert Jahren bildete er noch den Grenzpunkt der Selsinger Gerichtsschede als Iwenhoopssee. Dort stand vor langer Zeit ein Wald von uralten Eiben, jenen stolzen Nadelbäumen des Nordens, aus denen bereits die Jäger der Urzeit Speerschäfte und Ibenbogen schnitzten, um den wilden Ur und das Mammut zu erlegen. Von Geschlecht zu Geschlecht verbreitete sich die Sage, dort habe einst ein wildes Volk, das beutegierig die Küsten des Nordmeeres befahren habe und schutzsuchend in die Oste eingelaufen sei, die geraubten Schätze von Gold und Edelsteinen so tief zu vergraben, dass sie unauffindbar waren. Spökenkieker und Vörlaatsichtige hatten sie gesehen, aber Goldsucher mit der Alraunenwurzel und Wünschelrute vergeblich nach ihnen gesucht.

In der Nähe lag ein reicher Bauernhof, dessen Besitzer nur einen Sohn als Hoferben hatte. Der war dem hübschen Mädchen eines armen Kötners herzlich zugetan und warb um deren Hand. Als jedoch der Vater das erfuhr, brauste er stolzen Sinnes auf: „Nicht eher bringst du mir die Hüttenmagd auf den Hof, bis das sie den Schatz im Iwenhoop gehoben hat. Weder Bitten noch Tränen halfen. Nächtlich gruben die Liebenden unter den Wurzeln der Eiben; aber kein Kleinod blinkte.

Nun hatte das Mädchen einst von seiner Großmutter gehört, dass das Volk der Zwerge um verborgene Schätze der Erde wusste und sie bewachte. Wer ihnen Gutes erweise, dem seien sie wohlgesinnt und hilfreich. Ihre Haustiere seien die Kröten. So nahm das Mädchen eines Abends einen Topf mit Milch und Honig und setzte ihn in den Busch des Iwenhoop. Bald erschienen die Kröten, um sich zu laben. Als es den Topf nach getaner Arbeit wieder abholen wollte, stand neben demselben ein winziges Männchen mit langem Barte und spitzen Hütchen. Hell leuchteten seine Augen, als es zu dem verwunderten Mädchen sagte: „Weil du gut zu meinen Tieren bist, will ich dir den Schatz verraten; aber du darfst dich nicht fürchten. Das ist bei jeder Liebe so. Geh’ zur Nachtzeit, wenn es wittert und stürmt, in den Iwenhoop, nimm Blüten vom Ellhorn mit und sprich zu dem wetterleuchtenden Gotte:

„Sülwer und Guld liggt deep in dat Hult,

ünner de Wutteln van Iwen. Wullt du et hiewen,

lat den Ellhorn Rook optehn, denn kannst du alles blinkern sehn.”

Damit war der Troll verschwunden.

Als nun nächstens ein Gewitter heraufzog, begab sich das Mädchen, Donner, Blitz und Regen nicht achtend, mit einem Topf voller Holunderblüten in den Iwenhoop, stellte das Gefäß unter eine mächtige Eibe und sagte den Spruch. Alsbald fuhr krachend ein Blitz in den Baum und entzündete das Opfer. Mit einem Male leuchtete der Waldboden, Goldadern über Goldadern überzogen den Iwenhoop und blinkten aus der Tiefe herauf.

Das sah ein Riese, der gerade die Heide nach Beute durchstrich. Jeder Tritt seiner klobigen Füße hinterließ einen Tümpel als Spur, die heute noch als Flage zu sehen ist. „Ich wittere Menschen“, brüllte er, als er an den Iwenhoop kam und blieb fauchend und prustend stehen, dass sich die Wipfel bogen. Er erblickte das Mädchen, das ihm jedoch furchtlos in sein schreckliches Gesicht sah. „Wenn du mir den Schatz hebst“, sagte es, „so nimm so viel von ihm, als du magst. Nur einen kleinen Rest lass mir zum Dank und mache mir daraus einen goldenen Topf, Schmuck und einen goldenen Reif“. Des war der Unhold zufrieden und begann mit seinen groben Pranken zu kratzen und zu graben, bis der Schatz frei lag. Jetzt hob er ihn und erfüllte dem mutigen Mädchen seinen Wunsch. Darauf stapfte er heim.

Als der Bauer die Begebenheit vernahm, erstaunte er ob des mutigen Mädchens, das in reichem Schmuck vor ihm stand und ihrem Liebsten den güldenen Reif an den Finger steckte. Er willigte in die Heirat ein. Am Hochzeitstage aber trug die Braut den goldenen Topf zu den Kröten und ließ sie an dem Hochzeitsmahle teilnehmen. Die ausgehöhlte Stelle des Schatzes füllte sich allmählich mit Wasser und bildete den Iwenhoopssee.

Namen wandeln sich wie die Zeiten, sodass wir jetzt einen Huvenhoopssee haben.

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