Kriegsereignisse

(aufgeschrieben von Fritz Metscher 2006)

Wer hätte kurz vor Ende des 2. Weltkrieges gedacht, dass auch unser kleines Augustendorf von den Kriegsereignissen in furchtbarer Weise heimgesucht wurde. Nicht genug damit, dass insgesamt 38 Opfer zu beklagen waren. Die unmittelbare Nachbarschaft zum Strafgefangenenlager XB und die Flugrichtung der englischen Bomber, die mit ihrer tödlichen Fracht nach Hamburg unterwegs waren, versetzten die Augustendorfer in Angst und Schrecken.

Als im April 1945 die englischen Truppen das Lager Sandbostel erreichten und die noch lebenden Inhaftierten befreit wurden, ging es auch hier bei uns drunter und drüber.Umliegende Höfe wurden geplündert, drei namhafte Augustendorfer Männer erschossen. Ein russischer Gefangener nahm meiner Mutter ihren dreijährigen Sohn aus dem Arm und fuchtelte mit einem großen Messer herum. Mein Bruder sollte ihm das Versteck von Gewehren verraten. Es gab keine Waffen. Kann man sich die Angst der Mutter überhaupt vorstellen? Unsere Russenmagd „Olga“ warnte unsere Familie rechtzeitig, sodass sich mein Vater in der Nacht durch einen Sprung aus dem Fenster in Sicherheit bringen konnte. Olga rettete meinem Vater wahrscheinlich das Leben. Sie tat es, weil sie auf unserem Hof gut behandelt wurde.

Und dann der Luftkrieg. Die englischen Bombenflugzeuge hatten am Tage amerikanischen, des nachts englischen Begleitschutz. Die wenigen deutschen Jagdflugzeuge (Kräfteverhältnis 1:30) konnten nicht mehr viel ausrichten, es gab dennoch erbitterte Kämpfe. Ein Bomber warf seine Bomben über Augustendorf ab. Eine traf das Haus der Familie Grabau. Das Haus wurde völlig zerstört, es gab zwei Tote. Flugzeuge wurden abgeschossen, eine deutsche Fokker Wulf 104 (oder ME 190?) stürzte in den Huvenhoopssee. Makaber, die Funkantenne ragte im Winter ein Stück aus dem Eis, die Jungen benutzten sie als Torpfosten beim Eishockeyspiel.

Als Kinder haben wir gespannt den Erzählungen des Vaters gelauscht und fast ehrfürchtig die an seinem Unterschenkel bläulich durch die Haut schimmernden Granatsplitter seiner Kriegsverwundung vorsichtig ertastet. Heute kann die Nachkriegsgeneration nur erahnen, welch menschliche Tragödien der Krieg hier und anderswo über die Völker brachte.

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