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b) Die Schule zu Augustendorf

Unmittelbar nach der Dorfgründung, nämlich im Jahr 1829, kam der erste Lehrer nach Augustendorf. Er hieß Ehlers und kam aus Langenhausen. Ehlers war im Sommer Knecht und unterrichtet nur im Winter wöchentlich 2 bis 4 Stunden, bis er im Jahr 1833 nach Amerika auswanderte. Sein provisorischer Nachfolger war der Anbauer und Ortvorsteher Hermann Grotheer, der nach den Eintragungen der Schulchronik in der Schule „ein strenges Regiment“ führte. Jetzt wurde zum ersten Mal auch in den Sommermonaten unterrichtet und zwar am Sonntagmorgen 2 Unterrichtsstunden. Ein Schulhaus gab es zunächst in Augustendorf nicht, sondern der Lehrer unterrichtete in den Kammern der verschiedenen Anbaustellen. Erst im Jahr 1842 wurde das erste Schulhaus errichtet. Es war ein altes Bauernhaus, daß in Selsingen auf Abbruch gekauft worden war. Gleichzeitig wurde das Lehreramt einem „21-jährigen Soldaten aus Lüneburg, namens Johann Brandt“ übertragen. Lehrer Brandt blieb bis 1877 in Augustendorf, als er im Alter von nur 56 Jahren starb. Während seiner Amtszeit wurde in der Schule der ganzjährige Unterricht eingeführt. Eine kurze Episode war die Verwaltung der Lehrerstelle durch den Lehrer a.D. Brüning aus Moorende in den Jahren 1877 und 1878. Dessen Nachfolger wiederum wurde Friedrich Wilhelm Leitzmann aus Buxtehude, von dem in Augustendorf folgende Geschichte erzählt wird:
„Am 24. September 1885 kam Lehrer Leitzmann, der im Dorf sehr beliebt war, mit schweren Paketen beladen spät abends aus Gnarrenburg. In der Mitte des Weges von Langenhausen nach Augustendorf kam er in der Dunkelheit vom Wege ab und fiel in den Seitengraben. Er ist dann ertrunken, aber seine Leiche wurde erst drei Tage später gefunden. Nun hatte Leitzmann seit seiner Anstellung in Augustendorf erzählt, daß ihn an einer bestimmten Stelle auf dem Wege zwischen Langenhausen und Augustendorf, beim sogenannten „Knick“, ein unbehagliches Gefühl überkommen. Dieses sei manchmal ein derartiges Schaudern und Grausen, daß der sich jedesmal freue, wenn er an dieser Stelle vorbei sei. Dieses hat Leitzmann mit einer derartigen Bestimmtheit erzählt, daß Chr. Riggers, als er vom Verschwinden Leitzmann’s hörte, genau diese bestimmte Stelle am Wege bezeichnete. Und an dieser Stelle, es war der vorgenannte „Knick“, fand man dann auch den toten Lehrer Leitzmann.“

In diesen Jahrzehnten unterrichteten folgende Lehrkräfte an der Augustendorfer Schule:

1885 – 1887 Friedrich Dohrmann
1887 – 1899 Heinrich August Louis Piep
1899 – 1903 Jann Engelkes Smid
1903 – 1905 Johann Dankers
1905 – 1913 Johannes Heinbockel
1913 – 1924 Johannes Schmelke
1923 – 1929 Johann Hoops
1924 Gustav Vollmer
1924 – 1925 Lehrer Steinborn
1925 – 1945 Peter Bastein
1929 – 1932 Lehrer Schlichting
1932 – 1934 Heinrich Heins
1934 – 1936 Waldemar Ohlrogge
1936 Gerd Harms
1936 Johannes Steinmetz
1937 Heinrich Sasse

Bereits im Jahr 1913 wurde in einer Gemeindeversammlung der Neubau eines Schulhauses beschlossen. Die Pläne wurden jedoch wegen des ausbrechenden ersten Weltkrieges zunächst nicht verwirklicht. Erst am 4. November 1921 war dann die Regierungsbaukommission wieder in Augustendorf und einigte sich mit dem dortigen Schulvorstand über Baupläne und Finanzierung. In einer Sitzung des Gemeindeausschußes wurde der Bauunternehmer Steeneck, Gnarrenburg, mit der Bauausführung beauftragt. Die Baukosten des Gebäudes betrugen nach dem Kostenvoranschlag rd. 1.200.000 Mark, wurden jedoch durch die Inflation auf die stolze Summe von rd. 12 Millionen Mark getrieben. Am 6. September 1922 wurde der Grundstein des neuen Schulhauses gelegt. Und am 25. April 1923 erfolgte dann die feierliche Einweihung, an der die gesamte Bevölkerung teilnahm.

Die folgenden Jahre verliefen ruhig und mit normalem Schulbetrieb. Durch steigende Schülerzahlen bedingt, richtete der Kreisschulrat sogar im Jahr 1923 eine zweite Schulklassen ein. In den dreißiger Jahren wurde die Entwicklung der Schülerzahlen wieder derart rückläufig, daß im Jahr 1937 nur noch 51 Kinder beschult wurden und die 2. Schulklassen wieder aufgehoben wurde.

Während der Kriegsjahre 1939 – 1945 wurden die Schulkinder oftmals bei sogenannten „Kriegsaufgaben“ eingesetzt, indem sie Altpapier, Stofflumpen und Eisenschrott sammeln mußten. Nach Kriegsende war dann für Lehrer Mohr der Neubeginn äußerst schwierig, zumal seit April 1945 kein Unterricht stattgefunden hatte. Doch bald normalisierten sich die Verhältnisse wieder und einheimische und heimatvertriebene Kinder saßen gemeinsam beim Unterricht. Die folgenden Jahre vergingen friedlich mit normalem Schulbetrieb bei der Lehrerin Frau Katt, bis sich im Jahr 1973 eine Umorganisation im Schulwesen angekündigte. Im Zuge einer Zentralisierung kamen die Augustendorfer Schulkinder zum Unterricht in die Grundschule Karlshöfen und nach rd. 140 Jahren ihres Bestehens wurde die Augustendorfer Schule geschlossen.

(aus „Augustendorf; Chronik 125 Jahre)

c) Die Ablösung des Meierverbandes

An anderer Stelle bereits angemerkt wurde, daß die Anbaustellen der Augustendorfer Kolonisten ab dem Jahr 1828 nicht als Eigentum, sondern lediglich im Meyerrecht übergeben wurde. Wechselte eine Stelle ihren Besitzer, mußte vom Grundeigentümer, der königlich hannoverschen Domänenkammer, die Gehehmigung eingeholt werden. Diese wurde zwar stets erteilt, wenn gegen die neuen Meyer keine Einwände vorzubringen waren. Als dann um 1830 in Hannover Ablösegesetz und Ablöseordnung von den Meyerverpflichtungen erlassen wurden, bis sich erstmals auch für die Augustendorfer die Gelegenheit, freie Eigentümer ihres Landes zu werden. Da für die Ablösung aus dem Meyerverband das 25fache der Jahresbelastung zu entrichten war, hatten die Anbauern in den ersten Jahrzehnten sicherlich andere Sorgen. In der Regel sind in den Moorkolonien der Landdrostei Stade zwischen 1860 – 1870 die Ablösungen vorgenommen. Hierfür wurde oftmals die 1840 gegründete hannoversche Landeskreditanstalt oder eine andere Kreditmöglichkeit in Anspruch genommen. Es wurde ein sogenannter Ablösungsrezeß geschlossen und so erbliches Eigentum in den Händen der Anbauerfamilien geschaffen.

d) Um die Jahrhundertwende

Irgendwann nach der Gründungszeit wurde zur Regelung der verschiedenen Gemeideangelegenheiten in Augustendorf ein Gemeindevorsteher von der Gemeindeversammlung gewählt und vom Amt Bremervörde bestätigt. Der genaue Zeitpunkt ist weder in den Unterlagen noch der Aufstellung im Buch „Gemeindevorsteher und Bürgermeister im Landkreis Rotenburg (Wümme) von etwa 1852 – 1992“, Herausgeber Landkreis Rotenburg 1992, zu entnehmen:

(Ehlers, Hermann - 1833)
Meyer, Harm 1833 – 1859
Metscher, Johann Hinrich Januar 1859 – 1865
Thölken, Hinrich 1865 – 1871
Katt, Diedrich Januar 1871 – 1882
Janning, Fiedrich Januar – September 1883
Böttjer, Gevert 1883 – 1889
Janning, Friedrich 1889 – 1906
Metscher, Johann 1906 – 1917
Ehlers, Johann 1917 – 1920
Schröder, Hinrich 1920 – 1923
Ehlers, Johann 1923 – 1929
Dammann, Johann 1930 – 1935
Grabau, Hermann 1935 – 1944
Otten, Hermann 1945 – 1946
Metscher, Hinrich 1946 – 1964
Schröder, Hermann 1964 – 1974
Schröder, Hermann (Ortvorsteher) 1974 – 1986
Metscher, Friedrich (Ortvorsteher) 1986 – heute

Der Einfachheit halber wurden hier vom Verfasser die Zeitgrenzen des Kapitels es durchbrochen. Friedrich Janning war also Augustendorfer Gemeindevorsteher, als im Jahr 1899 das große Landesadressbuch für die Provinz Hannover, Großherzogthum Oldenburg und Freistaat Bremen erschien. Dieses erste ernstzunehmende Adressbuch der Region zeigte auf, daß Augustendorf zu diesem Zeitpunkt 339 Einwohner hatte, zum Landkreis Rotenburg gehörte und der nächste Bahnhof in Oldenbüttel war. Folgende Einwohner sind mit Berufsbezeichnung aufgeführt:

Block, Johann – Anbauer
Böttjer, Dietrich – Anbauer
Böttjer, Hinrich – Anbauer
Brodtmann, A. – Näherin
Brodtmann, Hinrich – Anbauer
Brodtmann, Johann – Anbauer
Brodtmann, Martin – Beibauer
Bunger, Albert – Anbauer
Burfeind, Hermann – Anbauer
Dammann, Johann – Anbauer
Eckhoff, Martin – Anbauer
Ehlers, Peter – Anbauer
Geestmann, Hinrich – Tischler
Geestmann, Peter – Anbauer
Geffken, Hermann – Anbauer
Gefken, Dietrich – Anbauer
Gieschen, Hermann – Beibauer
Grimm, Hinrich – Anbauer
Grotheer, Hermann – Anbauer
Grotheer, Johann – Anbauer
Grotheer, Katharina – Hebamme
Hillmann, Hermann – Beibauer
Hilken, J.H. – Anbauer
Haltermann, Martin – Anbauer
Janning, Friedrich – Gemeindevorsteher
Janning, Friedrich – Anbauer
Kahrs, Hinrich – Anbauer
Katt, Claus – Anbauer
Katt, Hinrich – Anbauer
Katt, Hinrich – Anbauer
Koch, Klaus – Anbauer
Kück, Klaus – Tischler
Metscher, Johann – Anbauer
Meyer, Hermann – Anbauer
Peper, Johann – Anbauer
Piep, L. – Lehrer
Rieken, A. – Näherin
Riggers, Chr. – Beibauer
Riggers, Johann – Anbauer
Schlüter, Hermann – Anbauer
Schomacker, H. – Beibauer
Schomacker, Peter – Anbauer
Schröder, Albert – Anbauer
Schröder, Hermann – Anbauer
Schröder, Hinrich – Anbauer
Schröder, Johann – Anbauer
Schütt, Hinrich – Anbauer
Schütt, Johann – Anbauer
Schütt, Johann – Anbauer
Schütt, Johann – Anbauer
Stelling, Dietrich – Anbauer
Stelljes, Meta – Näherin

Wir sehen, daß es einige Handwerker (innen) und Lehrer sowie Hebamme neben den An- und Beibauern im Dorf der Jahrhundertwende (der vorletzten) gab, aber der weit überwiegende Teil der Anwohner lebte eben von den Erträgen der Landwirtschaft und des Torfverkaufes. So ist es interessant, was in der Schulchronik, Abschrift S. 7 über die Torfqualität, Torfpreise und Entwicklung der Höfe im Allgemeinen aufgeführt wurde.

„Der Preis des Torfes richtet sich nach der Qualität desselben. Man unterscheidet 3 Moor-Schichten. Oben steht der „weiße“ Torf, welcher leicht und von hellbrauner Farbe ist, leicht brennt aber wenig Hitze entwickelt und meist aus Torfmoosen besteht. Darunter liegt der „schwarze“ Torf, schwarzbraun von Farbe, welcher schwerer brennt, mehr Hitze entwickelt und sich aus verkohlten Pflanzenresten gebildet hat. Zwischen diesen beiden Schichten findet ein allmählich Übergang statt. Die unterste Lage bildet der „blaue“ oder „geile“ Torf, von klebriger, fettiger Beschaffenheit, welcher gut an der Sonne getrocknet eine bedeutende Hitzkraft hat.
Nicht überall kommen hier alle drei Sorten vor. Unten im Dorfe herrscht der „weiße“ Torf vor, oben im Dorfe dagegen der „schwarze“ Torf. Daher erklärt sich auch, das nur wenige unten im Dorf Torf an die Ewerschiffer verkaufen können. Dieselben bringen ihren „greisen“ Torf, (Übergangs-Torf) nach der Marienhütte bei Gnarrenburg oder auch nach den Ziegeleien und erhalten für einen Bullen voll 15 Mark. Der Preis für „schwarzen“ Torf steigt und fällt. Der Durchschnittspreis ist etwa 55 Mark. Im Frühjahr 1890 kostete derselbe 75 Mark. In diesem Winter 1894 steht der Preis auf 60 Mark. Der „geile“ Torf wird mit einem Spaten in dicke Schollen auf das Ufer zum Trocknen und Selbstbedarf geworfen. Der oben ganz weiße Torf, der früher die Arbeit und Mühe kaum bezahlte, findet jetzt durch die beiden Torfstreufabriken in Bremervörde guten Absatz.
Wohl hat unsere Kolonie in ihren ersten Jahren schwere Zeiten zu überwinden gehabt, aber es sind dann auch die Früchte der schweren und sauren Arbeit nicht ausgeblieben. Auch hat man in den letzten Jahren begonnen Verbesserungen mancher Art einzuführen, wodurch man sich die schweren Arbeiten zu erleichtern sucht. So schiebt man den gegrabenen Torf nicht mehr auf der Karre, sondern fährt ihn auf Wagen, welche auf hölzeren Geleise mit Eisenbeschlag laufen. Auch fängt man an Kornreinigungs- und Häckselmaschinen anzuschaffen. In den letzten beiden Jahren haben sich auch 7 Bauern Pferde gekauft. So schreitet die Entwicklung von Jahr zu Jahr fort und der Wohlstand beginnt sich immer mehr zu heben.“

Diese Entwicklung wurde bereits in der Viehzählung am 1. Dezember 1897 deutlich, als zum ersten Male das Geflügel in Preußen mitgezählt wurde. Es wurden in Augustendorf gezählt:

9 Pferde
145 Rinder
366 Schafe
136 Schweine
27 Ziegen
13 Enten
539 Hühner

Dabei wurde die positive Entwicklung immer wieder durch Witterungseinflüsse beeinträchtigt. So brachte der Winter 1887/88 gewaltige Schneemassen, sodaß die Konfirmanden zwischen Langenhausen und Augustendorf auf dem Schnee von einem Kanalufer zum anderen gehen konnten.

Im Sommer 1888 regnete es fast den ganzen Sommer hindurch so stark, daß viel Heu verdarb und teures Futter hinzu gekauft werden mußte.
Ab 6. März 1894 wütete über Augustendorf ein Sturm, der sich bis zum 12. März zu einem Orkan steigerte, wie ihn selbst die ältesten Einwohner noch nicht erlebt hatten. Fast jedes Haus wurde beschädigt; unzählige Bäume lagen entwurzelt und abgebrochen herum.

Einen umfassenden Überblick über die Landwirtschaft um 1900 auf seinem Hof in Augustendorf lieferte der Bauer Hinrich Metscher im Jahre 1965. Nacherzählt wurden diese Erinnerungen vom Landwirtschaftsrat i.R. Ludwig Schleip aus Bremervörde, der Hinrich Metscher im März 1965 mehrmals besuchte, um sich nach dessen Schilderungen Aufzeichnungen zu machen. So entstand ein Manuskript (im Kreisarchiv Bremervörde), daß teilweise bereits in „De Sood“, Nr. 1 abgedruckt wurde und in Ausschnitten folgendermaßen lautet:
Ich bin geboren 1889 und kann mich daher gut an die Zeit um 1900 erinnern. Mein Hof ist 16 ha groß. Er ist einer der 40 Moorbauernhöfe unserer Gemeinde und einer der vielen hundert hier im ehemaligen Teufelsmoor bei Bremen. Die kgl. Hannoversche Regierung hat dieses Gebiet im 18. Jahrhundert mit ihrem Moorkommissar J. C. Findorff erschlossen. Unsere Gemeinde wurde 1829 gegründet.
Die Vorflut dieses großen Gebietes bildet der Oste-Hamme-Kanal. In ihn münden alle Seitenkanäle, von denen einer entlang unserer Dorfstraße läuft. Rechts und links der Straße und des Kanals liegen unsere Höfe, und jeder Hof hat seine 16 ha Land in einem 160 m breiten Streifen dahinter liegen. Das Land ist tischeben. Jeder Hof hat seinen eigenen Feldweg, welcher der Länge nach von unseren Hofgebäuden anfangend mitten hindurch führt.
Um das Jahr 1900 war das Land noch sehr naß, denn wir kannten nur die Oberflächenentwässerung mit Grüppen und Gräben, die das Wasser dem Dorfkanal zuführten. Zwischen den Grüppen hatten wir 8 m breite Ackerbeete angelegt, auf denen wir unsere Früchte anbauten. Wir bestellten etwa 2,5 ha Roggen, 1,25 ha Hafer, 0,5 ha Buchweizen, 0,25 ha Kartoffeln, 0,25 – 0,50 ha Steck- und Runkelrüben. Hinzu kamen kleine Flächen Hanf und Lein für den eigenen Bedarf. Etwa 2,5 ha waren Brache, die mehrere Jahre liegen blieb. 3 ha waren Wiesen und der Rest Ödland und Heide.
Einen großen Fortschritt bedeutete es, als mein Großvater 1894 ein Pferd beschaffte. Vorher wurde die Feldbestellung nur mit der vierzinkigen Hacke durchgeführt, eine mühsame Arbeit, bei der wir nur wenig Land bestellen konnten. Im Gegensatz zu anderen Gegenden Deutschlands spannten wir kein Rindvieh an, weil das Klauenvieh auf dem weichen Moorboden nicht laufen kann. Das Pferd bekam bei der Ackerarbeit eigene „Pferdeholzschuhe“ an und konnte damit gut treten. Zum Pflügen verwendeten wir einen leichten, einscharigen Holzpflug mit einer Vorderkarre die ebenfalls aus Holz war. Auf ihr lag der Pflugbaum auf. Das Schar, ebenfalls aus Holz, hatte einen eisernen Beschlag. Das Ackerland pflügten wir im Herbst und im Frühjahr 10 cm tief. Eine tiefere Furche war bei dem hohen Grundwasser nicht möglich. In den Ackerbeeten pflügten wir einen Zusammenschlag, wodurch sich das Land mit der Zeit nach der Mitte wölbte. War diese Wölbung zu hoch geworden, pflügten wir das Beet auch einmal auseinander. Diese Beetkultur änderte sich erst ab 1908, als man begann das ganze Land systematisch zu dränieren. Dadurch änderte sich die ganze Bewirtschaftung. An die Stelle des Holzpfluges trat der eiserne Schwingpflug, der ohne Vorderkarre oder eine andere Unterstützung von dem Pferd gezogen wurde. Wir konnten damit tiefer pflügen, das Rindvieh ging sommertags auf die Weide und mit der steigenden Handelsdünger-Anwendung erhöhten sich auch die Erträge.
Aber kehren wir zu den Jahren um 1900 zurück. Unser Viehbestand setzte sich zusammen aus 4 – 5 Kühen, die je bis 9 Ztr. wogen, und 3 Jungtiere. Die Bullenkälber fütterten wir bis 8 Wochen. 4 – 5 Schweine mästeten wir im Laufe des Jahres. 2 davon schlachteten wir, wenn sie 450 Pfund wogen. Wir brauchten vor allem Speck, denn die Butter brachten wir in Gnarrenburg zum Verkauf. Die Sauenhaltung war damals in den Moorhöfen nicht üblich. Die Ferkel kauften wir auf dem Markt in Bremervörde, wohin sie von den Geestbauern geliefert wurden. 12 – 15 Schafe gehörten mit auf den Hof. Im Sommer ernährten sie sich von den Brachflächen und wir Kinder – 10 Geschwister waren wir – hüteten sie. Wenn die Ernte begann waren die Lämmer schwer genug und sie wanderten nach und nach in den Kochtopf, worüber wir uns alle freuten. Frischfleisch gab es ja sonst nicht. 30 – 40 Hühner will ich noch erwähnen. Einen eigenen Stall hatten sie nicht. Sie fanden ja immer einen ruhigen, warmen Platz, wo sie die Nacht verbrachten.
Wichtig ist, daß das Rindvieh das ganze Jahr im Stall blieb. Im Sommer mähten wir Gras mit der Sense, packten es in Körbe und fuhren diese mit der Schubkarre nach Hause. Im Winter fütterten wir Heu, Rüben und Stroh. Die Schubkarre war übrigens ein wichtiges Gerät. Zum Beispiel konnten wir den Stallmist mit dem Wagen nur bis an den Feldrand fahren. Von dort mußte er mit der Schubkarre breit gefahren werden. War der Boden auch dazu noch zu weich, wickelten wir Strohseile um das Karrenrad, damit es eine breitere Auflage bekam. Bei der Kartoffelernte fuhren wir mit der Karre die Kartoffeln zusammen. Besonders bei der Torfgewinnung war die Karre unentbehrlich, aber darauf komme ich später noch zurück.
Unser Ackerwagen hatte damals 2 Räder und das Pferd ging in der Schere. Damit ließ sich leichter drehen als mit dem vierrädrigen Wagen. Der Wagen hatte breite Räder, die eine gute Auflage boten. Diese breiten Räder haben auch heute noch unsere Ackerwagen. Die alten Wagen hatten hinten eine Klappe. Wir konnten den aufgeladenen Stallmist ganz einfach nach hinten herunterklappen.
Wir kannten als Sommerfrucht nur Hafer und als Winterfrucht nur Roggen. Wie ich schon erwähnt habe, pflügten wir vor jeder Bestellung. Damit bekamen wir das beste Saatbett, denn wir hatten ja keine Sorge, daß der Acker, wie auf dem Lehmboden, zu schollig wurde oder schmierte. Wir säten mit der Hand, was wir auch heute noch tun. Zum Eineggen verwendeten wir Holzeggen mit Holzzinken. Wenn der Boden zu weich war, sodaß das Pferd nicht laufen konnte, zogen wir die Holzegge selbst. Drei Mann, der jüngste in der Mitte, legten sich einen Gurt über die Brust und so zogen wir die Egge über das Feld. Das war keine leichte Arbeit. Mit der Dränage wurde dies besser und die Holzegge wurde abgelöst durch die tiefer greifenden eiserne Egge, die nur das Pferd zog. Am Feldrand, wo die Egge nicht hinkam, half der vierzinkige Haken. Er war das alte Universal-Gerät der Ackerarbeit auf dem Moor.
Nun zur Ernte:.
Wir kennen bei uns keinen Unterschied zwischen einer Gras- oder Getreidesense. Zum Getreidemähen stecken wir lediglich ein Gestell (Reff) auf den Sensenbaum. Wir mähen, gleich ob Winter- oder Sommergetreide, an das stehende Getreide an und die Frauen nehmen hinterher mit den Händen ab. Sie haben dazu kein Gerät, wie Sichel oder Harke. Wir sind der Meinung, das geht schneller, denn wir binden den Roggen sofort mit dem eigenen Stroh. Hat die Frau aber eine Sichel in der Hand, dann muß sie diese weglegen und nachdem wieder aufgreifen, um abzuraffen. Unsere Frauen sind sehr flink und machen dies besser mit den Händen. War das Wetter unbeständig, dann stellten wir mittags oder gegen Abend die Garben auf. Sonst ließen wir sie gern ein oder zwei Tage liegen, damit das Grünzeug besser vertrocknete und stellte sie dann in Hocken auf. Der Hafer wurde hinter dem Mäher abgerafft und blieb zuerst ungebunden liegen. War er kurz geblieben, dann nahm man dazu die Harke. Er blieb je nach der Witterung ein bis zwei Tage liegen und wurde dann mit Roggenstroh aufgebunden und aufgestellt. Eingefahren wurde er bei guter Witterung nach 2 Wochen. Das Roggenstroh schüttelten wir vorher sorgfältig durch, um den langen Halme griffbereit zu haben. Bei trockenem Wetter feuchteten wir das Stroh vorher an. Bekanntlich hält es dann besser. Wir machten aber keine Strohseile, wie man es in anderen deutschen Gegenden tut. Vielleicht lag dies daran, daß es bei uns im Sommer während der Ernte oft regnet und dann kleine Garben viel leichter durchtrocknen als dicke Garbenbunde. So hat alles seinen Sinn und seine Bedeutung.
Beim Einfahren wurden die Garben auf den Boden über unserer Diele im Niedersachsenhaus hochgesteckt. Sie lagen dort luftig und trocken. Im Winter nahmen wir sie herunter und sie wurden mit dem Flegel ausgedroschen. Das Stroh kam zurück auf den Boden. Hafer wurde nicht gedroschen, sondern mit dem Stroh zu Häcksel geschnitten und verfüttert. Beim Roggen lag der Ertrag etwa bei 6 – 8 Ztr. je Viertelhektar. Das waren damals recht gute Erträge.
Die Kartoffel pflanzten wir hinter dem Pflug. In jede zweite Furche legten wir Mist und die Pflanzkartoffel. Zum Durchhacken und Häufeln hatten wir die schmale Hacke. Der Häufelpflug kam erst nach dem ersten Weltkrieg auf. Bei der Ernte hackten wir Knollen mit der vierzinkigen Harke aus, lasen sie nachdem sie abgetrocknet waren auf. Bei uns war es dabei üblich, sie gleich in Eß-, Saat- und Futterkartoffel zu sortieren. Mit Schubkarre und Wagen fuhren wir sie nach Hause und überwinterten sie in einem „Erdkeller“. Das ist ein Keller, der über der Erdoberfläche angelegt war und den Frost gut abhielt. Das Auspflügen der Kartoffel kam erst viel später auf, als der Grundwasserstand gesenkt war. Um 1900 gab es dies noch nicht.
In der Heuernte mähten wir früh morgens das Gras mit der Sense. Mit der schmalen Harke wendeten wir und machten gegen Abend Haufen. Zum Auseinanderwerfen am nächsten Tag griffen wir zur Forke. Zum Aufladen hatten wir eine Heuforke. Zum Nachharken hatten wir die 2 m breite Stoppelharke, deren Zinken etwas schief stehen. Mit ihr zieht man die Halme zusammen. Zu Hause steckten wir das Heu auch wieder auf den Boden über der Diele. Wenn dies auch mühsam war, so hatte es den großen Vorteil, daß wir im Winter das Heu nur von oben herunter zu werfen brauchten und es lag dann vor den Köpfen der Kühe. Das war eine große Erleichterung. Wenn ich über die Landwirtschaft um 1900 erzählen soll, darf ich nicht vergessen, auch die Torfgewinnung zu erwähnen. Sie bildete einen Teil unseres Erwerbs. Jeder Hof hatte seinen eigenen Torfstich, dicht neben der Dorfstraße, bzw. neben dem Kanal.
Obenauf ist das Moor sehr locker. Es liefert den „Weißtorf“. Es sind dies nach dem Abstechen große Stücke. Wenn er getrocknet ist, wurde er als Streutorf in unserem Stall verwendet. Zu diesem Zweck werden die Stücke in einer Mühle, die wir mit der Hand oder mit einem Göpel drehten, zerkleinert. Den mittleren Torf lieferten wir in die Glashütte nach Gnarrenburg oder in die Ziegeleien
Eines möchte ich noch erwähnen: Immer wieder gab es Zeiten, in denen das Futter und das Streumaterial für das Rindvieh knapp waren. Dann mußte die Heide abhelfen. Junge Heide diente zum Füttern und Heidestücken als Einstreu.
Um das Jahr 1900 waren wir in unseren Moorhöfen möglichst auf Selbstversorgung eingestellt. Darum bauten wir auch immer etwas Lein und Hanf an. Aus Lein gewannen wir Flachs, den die Frauen zu Garn gesponnen und zu Leinen gewebt haben. Durch Bleichen an der Sonne wurde es weiß und drauf war jede Frau stolz. Das Hanfgarn wurde mit Halbwolle zusammengewebt. Die aus dem Stoff gearbeiteten Anzüge, hielten viel länger als unsere heutigen. Sommertags gingen wir auf dem Feld fiel barfuß. In den Holzschuhen im Winter steckten unsere Füße viel gesünder und wärmer als in den Gummischuhen, die man heutzutage fast jeden Tag trägt. Um 1900 waren Lederschuhe noch sehr teuer und wir trugen sie schon deswegen nicht oft.
Zum Schluß will ich noch etwas von unserem Haus erzählen. Mit seinem Bau wurde schon bald nach der Gründung des Hofes im Jahre 1829 begonnen. Es ist ein Niedersachsenhaus, das wir hier überall auf Geest und Marsch – allerdings verschieden in den Abmessungen – und auch im Moor haben. Bekanntlich ist bei ihm alles unter einem Dach, die Menschen, die Haustiere und die Erntevorräte, der damaligen Zeit. Mit seinem Strohdach ist es gesund, warm und hatte schon immer – wie man jetzt sagen würde – viele arbeitswirtschaftliche Vorteile. Schwierig war bei uns das Bauen deswegen, weil wir keinen festen Untergrund haben. Die Häuser wurden auf den Moorboden gestellt, da dieser sich aber im Laufe der Jahre verschieden senkte, traten oft Verschiebungen im Gefüge des Hauses auf. Darüber mehr zu erzählen, geht hier zu weit.
Das erste Haus, das meine Vorfahren bauten, war noch klein. Sie hatten ja noch nicht viel Vieh und mußten sehr bescheiden anfangen. Im Laufe der Jahrzehnte setzte man dann in Verlängerung des Giebels immer wieder ein Stück an bis es seine jetzige Größe hatte. Das war im Jahr 1913.
Im Jahre 1900 hatten wir noch das Flett. Man versteht darunter die große Wohnküche mit der offenen Feuerstelle in der Mitte unter dem Giebel. Diese Wohnküche war nach der Diele, auf deren Längsseiten das Vieh stand, nicht mit einer Wand abgeteilt. Auf dem offenen Herd brannte immer das Feuer, bzw. man ließ es nie ausgehen. Einen Schornstein gab es nicht. Der Rauch suchte sich selbst den Weg ins Freie, das heißt er stieg hoch zum Giebel und konnte dann vorn und hinten nach außen. War man oben auf dem Heuboden, dann bekam man oft kaum Luft und die Augen brannten von dem Rauch. Hinter der Wand der Wohnküche zum Wohnteil lag die Dönze mit den Bettbutzen. Das waren Schrankbetten, wie man sie damals hatte.
Das alte Wohnhaus, in dem ich 76 Jahre gelebt habe, werde ich wohl im Herbst diesen Jahres verlassen. Mein Sohn hat sich ein neues Wohnhaus gebaut und ich werde auch dort einziehen. Es steht auf festem Grund, wo früher der Torfstich war und wir im Laufe von über 100 Jahren den Torf bis auf den harten Untergrund abgegraben haben. Das Haus ist aus Ziegelsteinen gebaut und hat ein hartes Dach, Zentralheizung mit Ölfeuerung, fließend warm und kalt Wasser und alle neuzeitlichen Bequemlichkeiten. Der Wohnteil des Niedersachsenhauses wird zum Stall dazu genommen.
Ich werde aber noch oft an die Zeiten um 1900 zurück denken. Wir haben schwerer gearbeitet als heute und trotzdem war unser Einkommen geringer. Das lag aber an den allgemeinen Verhältnissen. Ob die Menschen aber heute glücklicher sind, das weiß ich nicht.

Ja, der Fortschritt! Im nostalgischen Rückblick immer die Frage nach Segen oder Fluch. Immer aber wirft dieser Fortschritt lange Schatten; er läßt sich jedoch kaum beeinflußen und schon garnicht verhindern.
So ist auch der Seufzer des Augustendorfer Lehrers Heinbockel im Jahre 1905 zu verstehen: „Sondern es herrschen noch immer alte Sitten, alte Gebräuche, die aber wie es scheint, immer mehr und mehr schwinden. Wenn man auch von einer gewissen Modernität nicht gerade reden kann, so schreiten die Moorbewohner in der Kultur doch sehr fort.“
Zuerst kam im Jahre 1888 die Post ins Dorf, denn beim Gastwirt Hermann Grotheer wurde eine „Posthülfsstelle“ eingerichtet. Damit wurde die Postzustellung regelmäßig zwischen 14.00 und 16.00 Uhr durchgeführt, nachdem diese vorher nur sporadisch und gelegentlich erfolgt war.
Im Herbst 1906 erhielt Augustendorf mit dem Telefonanschluß Verbindung zur großen weiten Welt und die ersten Fernsprechanschlüße durften beim Gemeindevorsteher Metscher und Gastwirt Grotheer gestanden haben.
Auch die Verkehrsanbindung besserten sich in diesen Jahren erheblich. 1907 wurde mit dem Ausbau der Landstraße Bremervörde – Gnarrenburg begonnen und kurz danach konnte man auch die Eröffnung der Bahnstrecke Bremervörde – Gnarrenburg feierlich begehen. Selbst wenn Augustendorf lediglich indirekt von der Landstraße und die Bahnstrecke profitierte, so wurden die Wege nach Bremervörde, Gnarrenburg oder Bremen doch erheblich erleichtert. Betroffen waren am 12. Juni 1907 340 Personen, wie eine Berufe- und Betriebsstättenzählung vom gleichen Tage ergab.

176 männliche und
164 weibliche Personen in
48 Haushaltungen;
2 Tischlereien
1 Zimmerei
1 Kramerladen und
1 Gastwirtschaft

wurden betrieben, aber das Gros der Einwohner lebte selbstverständlich von Ackerbau, Viehzucht und Torfgraben. Ackerbau und Viehzucht unterlag auch stets veränderten Bedingungen und die sogenannte Kulturarbeiten waren sehr schwierig, da die Moorflächen sehr schlecht entwässert und kaum betrettbar waren. Um also weitere Kultivierungen vornehmen zu können, sollte zunächst eine umfassende Entwässerung im Dorf vorgenommen werden. Hierzu wurde im August oder Oktober 1911 eine „Moorentwässerungsgenossenschaft“ gegründet, mit der eine „Wiesenbaugenossenschaften“ verbunden war. Deren Aufgabe es wiederum war, geeignete Wiesenflächen zum Grasen des Rindviehs zu schaffen.
Donnerwetter! In diesem Zusammenhang spricht der Lehrer sogar von einem „Bürgerkrieg“ im sonst so friedlichen Augustendorf.
Die Moorentwässerungsgenossenschaft war natürlich durch eine Mehrheit der Gemeindeversammlung zustande gekommen, aber etliche Befürworter wurden später erbitterte Gegner. Die Gründe sind nicht mehr ermittelbar, aber vermutlich fühlten sich einige Einwohner nicht vollständig über die Belastungen informiert. Andere Bewohner wollten die Genossenschaft unbedingt erhalten, sodaß sich zwei Parteien im Dorf bildeten, die sich „freundlich“ gegenüber standen. Gerichte wurden bemüht, Rechtsanwälte verdienten viel Geld und bei Vergnügungen wurden die Argumente schon einmal handfest ausgetauscht. Aber irgendwann schlichtet die Zeit gnädig auch den erbittertsten Streit und so ging man bald wieder seinem Tagewerk nach, das ja schwer genug war.

Die Probleme der Entwässerung waren jedoch noch nicht befriedigend gelöst und so beantragte 1913 der Bremervörder Kreiswiesenbaumeister Nielson bei den übergeordneten Behörden Gehehmigung und Bezuschußung „von 2 Musterwirtschaften in der Hochmoorkolonie Augustendorf.“
Aus diesem Gutachten des Jahres 1913 (Kreisarchiv Bremervörde, KA BRV, Nr. 328-1) sollen einige prägnante Passagen gegen Ende dieses Kapitels zitiert werden.
„Augustendorf ist eine Hochmoorkolonie von rund 600 ha Größe im südlichen Teil des Kreises Bremervörde. Sie umfaßt 39 Kolonate von durchschnittlich je 15 ha Größe. Ein Schiffsgraben verbindet die Kolonie mit dem Oste-Hamme-Kanal und ermöglicht die Torfabfuhr zur Weser nach den Hafenstädten Vegesack, Elsfleth, Blumenthal pp (rd. 45 km Entfernung) und zur Oste nach Bremervörde (rd. 16 km Entfernung).
Die Kolonisten sind sehr arbeitssame Leute und sehr bemüht, sich alle Neuerungen der Hochmoorkultur nutzbar zu machen. Sie betreiben neben der Torfschiffahrt für Moorböden schon ziemlich ausgedehnten Ackerbau, der trotz seiner vielen Mängel in den übrigen noch mehr rückständigen 18 Moorgemeinden des Kreises Bremervörde vorbildlich wirkt. Der weiteren Ausdehnung des Ackerlandes sind wirtschaftliche Grenzen gesteckt, da der Kolonie jegliches Grünland fehlt. Die Kolonisten sind gezwungen ihren Bedarf an Heu aus stundenweiter Entfernung mit Torfschiffen und Wagen heranzuholen. Dazu ist das zu hohen Preisen erworbene Heu meistens noch recht minderwertig. Eigene Niederungsmoorwiesen besitzen die Kolonisten nicht. Diese Mißstände sind für die Mehrzahl der Interessenten mit der Zunahme ihres landwirtschaftlichen Betriebes immer unerträglicher geworden, da bei dieser Art des Betriebes eine lohnende Viehwirtschaft nicht möglich ist. Abhilfe muß geschaffen werden. Man hat unter Leitung des Kreiswiesenbaumeisters versucht, Grünland auf dem eigenen Hochmoorboden anzulegen. Die Versuche fielen recht günstig aus und haben hohe Erträge erzielt. Die Versuche konnten nur auf kleinen Flächen angelegt werden, da das jungfräuliche Moor sehr schlecht entwässert und bis vor kurzer Zeit kaum betrettbar war, geschweige denn zu bewirtschaften. Bevor weitere Kulturarbeiten ausgeführt werden konnten, war zunächst für eine gehörige Entwässerung Sorge zu tragen. Es ist zu diesem Zweck im Oktober 1911 eine öffentliche Entwässerungsgenossenschaft gegründet worden. Die Hauptentwässerungsarbeiten sind im Sommer 1912 gegen den Einspruch verschiedener Widersprecher mit Unterstützung aus dem Westfonds ausgeführt.
Im Frühjahr 1913 sind die ersten Folgeeinrichtungen und Kulturarbeiten in Angriff genommen worden. Es fehlt aber den Kolonisten noch das nötige Zutrauen zum Gelingen der Meliorationsarbeiten. Deshalb wird die Anlage zweier Musterwirtschaften für das weitere Vorgehen in den Moorgemeinden des Kreises bahnbrechend wirken.....“

Wie weit die Musterwirtschaften Dammann und Geffken tatsächlich als solche eingesetzt wurden, ist aus den Akten des Kreisarchives nicht zu entnehmen.
Fest steht aber, das die Meinungsverschiedenheiten im Dorf zwischen den Befürwortern und Gegnern der Entwässerungsgenossenschaft schon bald in den Hintergrund gerieten, denn am Horizont der Weltgeschichte zogen viel dunklere Wolken auf.

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